Die halbe Wahrheit über Trainer:*

 

Die Gescheiterten machen gescheiter.

Ende des Jahres 2013 veröffentlichte die in München lebende und als Journalistin tätige Diplompsychologin Bärbel Schwertfeger im Magazin Spiegel online ihre Branchenschelte „Wer nichts wird, wird Coach“. Ein Aufschrei der Empörung ging durch die Reihen derer, die sich von diesem Artikel diffamiert sahen. Schließlich wurde dieser Beitrag aus dem Netz entfernt. Doch Hand auf’s Herz: War ihr Beitrag wirklich so unbegründet? Bis heute gibt es weder ein von der Legislative verabschiedetes offizielles Berufsbild noch einen allgemein anerkannten Abschluss. Am Ende jeder beruflichen Ausbildung steht eine IHK-Prüfung. Krönender Höhepunkt jeder akademischen Laufbahn sind die entsprechenden und staatlich anerkannten Titel. Nur Trainer kann sich JederFrau und JederMann nennen.

Und tatsächlich machen von dieser Möglichkeit jedes Jahr mehr Menschen Gebrauch. Gab es vor 30 Jahren rund 1.500 Anbieter, so ist Anfang des Jahres 2014 bereits die Rede von ca. 200.000 Dienstleistern, die auf ihrem Briefpapier Bezeichnungen wie Coach, Trainer, Keynotespeaker oder Ähnliches stehen haben.

Machen wirklich nur die Gescheiterten gescheiter?

Schaut man sich die Biographien vieler Neuzugänge in diesem Markt aus der Perspektive der Überschrift des von Bärbel Schwertfeger verfassten Beitrags an, so drängt sich tatsächlich ein Verdacht auf: Primär die Gescheiterten versuchen eine zweite berufliche Karriere mit dem Anspruch zu starten, Andere gescheiter machen zu wollen.
Was ist aber daran verwerflich? Sind nicht vielmehr der Karriereknick
und die Erfahrung im Umgang mit Niederlagen eine wichtige Voraussetzung für persönliche Reife. Und sind es nicht gerade diese an der eigenen Lebens-erfahrung gereiften Persönlichkeiten, die andere Menschen kurzfristig inspirieren, mittelfristig anleiten und langfristig guten Wissens wieder sich selbst überlassen können?
Um dem vorschnellen Schluss des eiligen Lesers zuvorzukommen: Der Karriere-knick in der Biographie eines Menschen qualifiziert ihn nicht automatisch auch als Trainer. Das wäre nicht einmal die halbe Wahrheit. Denn unter den langjährig etablierten Anbietern sind auch Jene vertreten, deren berufliches und persönliches Engagement dauerhaft von Erfolg gekrönt ist.

Gescheite Fragen erleichtern die richtige Wahl.

Wer als potenzieller Auftraggeber in dem heute anzutreffenden Anbieter-Dickicht die Spreu vom Weizen trennen und den zu sich und seinem Unternehmen passenden Dienstleister finden will, wird sich seine Arbeit durch die Berücksichtigung der folgenden Aspekte erleichtern.

Welche Mitgliedschaften in Berufsverbänden oder professionellen Gemeinschaften existieren? Viele der berufsständischen Vereinigungen prüfen meist sehr genau die Qualifizierungen der Aspiranten, bevor sie einer Aufnahme zustimmen. Rund 20 anerkannte Trainer-, Coaching- und Speaker-Verbände (Stand Januar 2014) sind am Start. Eine kritische Betrachtung der Aufnahmebdingungen lohnt in jedem Fall. Je “härter” diese sind, desto eher sagt eine Mitgliedschaft etwas über die Qualifikation der Anbieter aus.

Welche Auszeichnungen und Referenzen liegen vor? Wer sich durch Auszeichnungen auszeichnet, arbeitet vermutlich auch ausgezeichnet.
Das prämierte Konzept sollte trotzdem genauer betrachtet werden. Nicht jede Prämierung steht auch für einen Premium-Anbieter. Alternativ oder additiv sind Referenzen ein weiteres wichtiges Auswahlkriterium. Aber Achtung: In diesen Referenzen sollte genau die Expertise bescheinigt sein, die der neue Auftraggeber benötigt. Die beste Referenz ist und bleibt die persönliche Empfehlung.

Wo, bei wem und welche Aus- und Weiterbildungen hat der Anbieter
absolviert? Hier ist vor allem auch eine Qualitäts-Prüfung der weiterbildenden Institute nützlich. Sind diese selbst erfolgreich im Markt aktiv oder konzentrieren sie sich ausschließlich auf die Aus- und Weiterbildung von Trainern? Sollte Letzteres der Fall sein, ist Vorsicht geboten. Denn viele Anbieter, die an der Etablierung ihrer eigenen Expertise im Markt scheitern, verlegen sich auf das Anbieten von Weiterbildungs-Programmen für andere Trainer.

Inwieweit ist der Anbieter in Bezug auf seine fachliche Expertise, die methodische und die soziale Kompetenz ein echtes Komplementär zu den im eigenen Unternehmen existierenden Kompetenzen? Die Uni Münster hat in einer umfänglichen Studie heraus gefunden, das Personal-Verantwortliche häufig „immer mehr vom selben“ einstellen. Dies gilt m.E. auch für den Einkauf von Weiterbildungs- und Beratungs-Dienstleistungen. Mono-Kulturen haben jedoch langfristig kaum eine Überlebenschance. Diversity ist das Gebot der Stunde.
Was tut und wie wirkt der Anbieter in der realen Trainingssituation?
Prospekte, Websites und Blogs sind geduldig. Und nicht selten finden sich vielerorts die selben Vokabeln und Versprechen. Die Expertise und Kompetenz eines Trainers erkennt man am besten bei der Arbeit. Ein Probe-Training mit Teilnehmern aus der zu erreichenden Zielgruppe ist eine sinnvolle Investition. Danach weiß man, ob der Anbieter sein Geld wert ist.

In welchem Honorarsegment bewegt sich der Anbieter? Einen Trainer mit einem Honorar kleiner € 2.500,00 sollte man sich besser nicht leisten. Denn dieser muss für sein wirtschaftliches Auskommen mit dem Einkommen so viele Trainingstage im Jahr „auf der Bühne“ sein, dass für eine vernünftige Vor- und Nachbereitung der Veranstaltungen kaum noch Zeit bleibt. Qualitätsverlust ist die Folge. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Ein Honorar größer € 2.500,00 ist nicht automatisch auch eine Qualitätsgarantie.

Jung, unerfahren und günstig geht also gar nicht?

Folgt man den v.g. Empfehlungen, müsste man als Auftraggeber gänzlich auf den Einsatz junger Kolleginnen und Kollegen verzichten. Denn sie werden kaum Auszeichnungen, Referenzen, lange Listen persönlicher Weiterbildungs-Stationen und den erwähnten Karriereknick in ihrer Biographie vorweisen können. Der grundsätzliche Verzicht auf sie wäre allerdings ein Fehler. Denn oft sind es die Jungen, die mit ihren kreativen Ideen, ihrer ungestümen Energie, ihre fehlenden Routine und ihrer Unbekümmertheit frischen Wind in die Szene bringen und das Ganze beleben. Lässt man sich als Auftraggeber darauf ein, muss man sich nur eins vergegenwärtigen: Scheitern ist möglich. Aber davor ist man auch beim Einsatz der erfahrenen und alten Hasen nicht gefeit.

*
Der Autor verwendet im Interesse des Leseflusses in seinem Beitrag ausschließlich die männliche Form und die Bezeichnung der Trainer. Gemeint sind damit alle weiblichen und männlichen Coaches, Trainer und Keynote Speaker.

Related Articles

Responses

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  1. Lieber Andreas,

    diesen Kommentar schreibe ich deshalb, weil ich nach meinem Dafürhalten, die Darstellung nicht immer korrekt ist und weil ich in einigen Punkten anderer Ansicht bin.

    1. Es gibt sehr wohl von der Legislative verabschiedete Berufsbilder für Menschen, die
    im Bereich der Aus- und Weiterbildung tätig sind und tätig sein wollen.
    1. Es gibt den Geprüften Aus- und Weiterbildungspädagogen IHK (Level 6 DQR)
    2. Es gibt den Geprüften Berufspädagogen IHK (voraussichtlich Level 7 DQR)
    Sehr beschämend finde ich, dass ethablierte Vertreter der Aus- und Weiterbildungsbranche
    immer wieder behaupten, es gäbe keine Berufsbilder und diese anscheinend nicht kennen.
    Die Berufspädagogenausbildung gibt es schon seit 2006.

    2. Trainerausbildungen aller Art sind keine Berufsbilder und haben keine gesetzliche
    Regelung. Da kommt es auf die Qualität des Anbieters und dessen Ruf im Markt an.
    Da ist ein Verbandszertifikat keine Qualitätsgarantie, denn schließlich gibt es Verbände
    bei denen Curricula existieren, die Anfang der 90 er Jahre entstanden sind und nach
    heute noch unverändert Trainer ausgebildet werden. Bedenkt man, dass erst gegen
    Mitte bis Ende der 90 er Jahre die konstruktivistische Lerntheorie entstanden ist, nach
    der heute Trainerausbildungen erfolgen sollten, dann liegt auf der Hand, dass eher Trainer
    für Gestern statt Trainer für Morgen ausgebildet werden. Selbst habe ich früher einmal
    in einem Verband (BDVT) die Zertifizierung als Trainerausbildungsinstitut beantragt und
    auch erhalten. Dabei wurde ich nicht überprüft, deshalb kann ich dem Punkt, die
    Verbände würden genau überprüfen, auch nur widersprechen.

    3. Bei Verbänden werden auch nur diejenigen Konzepte geprüft und prämiert, die eingereicht
    werden. Wer nicht einreicht, kann demzufolge auch nicht prämiert werden. Es kann
    durchaus sein, dass es Konzepte gibt, Ausbildungskonzepte für Trainerausbildungen gibt,
    die nie eingereicht und deshalb auch nie prämiert wurden.

    4. Die fachliche Expertise eines Trainers sollte sich m.E. sehr deutlich auf das Entwickeln
    und Umsetzen des didaktischen Designs von Weiterbildungsmaßnahmen beziehen. Das
    wird aber von Trainern seitens der Wirtschaft nicht eingefordert. Demzufolge sind nach
    meiner Ansicht die meisten Trainer (Pareto lässt grüßen) nicht über ausreichende
    Kompetenzen, um Weiterbildungsmassnahmen didaktisch sinnvoll zu gestalten. Das
    allerdings lässt den Umkehrschluss zu, dass die Wirtschaftsbetriebe, darauf wenig
    Wert legen. (Stiftung Warentest berichtete in 2013 darüber). Wenn sich Weiterbildungs-
    maßnahmen am Markt verkaufen lassen ohne das vorher über Lerntiefen der Inhalte oder
    dar über motivationales Design gesprochen wurde, dann sind die Käufer selber schuld.

    Mit besten Grüßen
    BEST Bildungs-GmbH

    Bernd Stelzer
    maßnahmen im Markt verkaufen lassen ohne das über
    Wert legen